Was macht die Anthroposophische Medizin unverwechselbar?

Schon ihr von Anfang an integrativer und interdisziplinärer Ansatz ist ein Alleinstellungsmerkmal dieser innovativen Therapierichtung und unterscheidet sie von vielen anderen komplementär-medizinischen oder traditionellen Methoden oder Schulen. Wo sonst bilden Medizin, Pflege, Pharmazie, Gesprächs-, Bewegungs-, Körper- oder Kunsttherapie einen plastisch-optionalen Organismus, der individuell zum Einsatz gebracht werden kann?

Die Anthroposophische Medizin will neue Möglichkeiten für das ärztliche Wissen und Können [1] bieten. Das Wissen um das Wesen des Menschen in seiner geistig-seelisch-lebendig-physischen Existenz soll zu neuen Fähigkeiten führen. Ein ärztlicher Schulungsweg, der – neben einer plastisch-musikalisch-sprachlichen Menschenkunde [2] – auch eine innere, spirituelle Entwicklung [3] des Arztes als Kerngedanken hat, ist ein weiteres und zentrales Alleinstellungsmerkmal.

Wie kann ich die Anthroposophische Medizin kennenlernen?

Unterschiedliche Ebenen der Begegnung und Vertiefung sind für den Interessierten vorhanden:

  • Thementage
  • Workshops und Seminare
  • ÖÄK-Diplom Anthroposophische Medizin
  • Wahlfach für Medizinstudenten

Thementage haben das Ziel, an einem Tag das notwendige Basiswissen für die erfolgreiche integrativ-komplementäre Behandlung einer umschriebenen Krankheitsentität (z. B. Pollinosis, siehe weiter unten) zu vermitteln.

Auch ohne Vorkenntnisse der Anthroposophischen Medizin können effektive Behandlungen und Arzneimittel erfolgreich kennengelernt und lohnend eingesetzt werden.

Workshops und Seminare bieten die Gelegenheit,  tiefer in ein Thema einzusteigen. Sie vermitteln zum Beispiel wichtige Kenntnisse über Grundlagen und Therapiekonzepte, Eurythmie-Therapie oder Heilpflanzen.

Das ÖÄK-Diplom Anthroposophische Medizin ist die Möglichkeit ohne Vorkenntnisse in die Grundlagen der Anthroposophischen Medizin einzusteigen und im Laufe von 3 Jahren eine fundierte Basisausbildung zu erhalten. Die Ausbildung schließt mit dem ÖÄK-Diplom ab. In Arbeitskreisen kann das eigene Wissen und Können weiter ausgebaut und geteilt werden.

Für Medizinstudenten wurde die Möglichkeit eines „Wahlfach Anthroposophische Medizin“ geschaffen.
Selbstverständlich sind auch alle interessierten Kollegen eingeladen dieses Wahlfach als erstes Kennenlernen zu nützen.

(1) Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach Geisteswissen­schaftlichen Erkenntnissen, R. Steiner, I. Wegman, Rudolf Steiner Verlag
(2) Menschenwissenschaft durch Kunst: Die plastisch-musikalisch-sprachliche Menschenkunde. Armin J Husemann (Herausgeber), Verlag Freies Geistesleben
(3) Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst, R. Steiner, Rudolf Steiner Verlag

Pollinosis, ein Fallbeispiel aus der Praxis

Die Pollinosis, oder allergische Rhinitis, ist eine in der Praxis häufige Erkrankung und weist einige Komorbiditäten wie Gedeihstörungen bei Kindern, Sinusitis oder allergisches Asthma bronchiale auf. Eine oft jahrzehntelange – zumindest saisonale – Beeinträchtigung der Lebensqualität umfasst die verminderte schulische oder berufliche Leistungsfähigkeit, die Freizeitgestaltung oder das Sozialleben.
Neben der drei bekannten konventionellen Behandlungsansätze (Karenz, Pharmakotherapie der Akutsymptome und Desensibilisierung) bietet die Anthroposophische Medizin eine eigenständige Therapie an.

Die hypersensitive Immunkrankheit zeigt ihre Symptome an Grenzflächen, die mit einem Antigen in Berührung kommen und nur solange, wie das Antigen präsent ist. Sie weist in Form der allergischen Rhinitis Symptome eines ausgesprochen wässrig, exsudativen Geschehens mit stark ödematöser Schwellung der betroffenen Mukosa auf. Die Stabilisierung der Schleimhautgrenzfläche, unter Berücksichtigung der massiven Exsudation, ist das therapeutische Ziel.

„Die Natur ist der auseinandergelegte Mensch“, wusste schon Goethe. In Gesundheit, wie in Krankheit möchte man noch ergänzen und wir bedienen uns dieser Erkenntnis in der Wahl unserer Arzneimittel. Wenn wir in der Natur nach Formprozessen, strukturierenden Prozessen, Ausschau halten, dann fallen uns sofort spitze, stachelige Repräsentanten ein: Dornen. Die Dornen einer Rose sind vielzellige Auswüchse, botanisch Emergenzen. Diese Emergenzen können auch Gestaltungsprozesse im Inneren einer Fruchtbildung sein, wie dies bei der Zitrone der Fall ist. Der gesamte Frucht- oder Wasserkörper der Zitrone ist von vielzelligen Emergenzen oder Saftschläuchen strukturiert.

Die besonders derbe Schale der Zitrusfrucht zeigt zusätzlich eine starke Grenzbildung und Festigung des Wasserkörpers der Frucht. Mündet die Formkraft der Rose in die Spitze ihres Dorns, wandelt das Zitrusgewächs diese Bildekräfte in die Beherrschung ihres Frucht-Wasser-Körpers um. Die Dornenspitze der Rose findet sich metamorphosiert in der Säure der Zitrone, dem chemisch-adstringierenden Äquivalent der verdichteten Spitze. Eine andere Wandlung dieses Formprinzips zeigt ein der Rose verwandtes Rosengewächs, die Quitte. Bei ihr wird formend-strukturierendes Bilden durch ihren hohen Gehalt an Gerbstoffen, Gerbsäuren und Pektin in ihren Früchten chemisch abgebildet.

Wir nützen die besonderen Eigenschaften der Zitrone und Quitte bei der Herstellung eines spezifischen Heilmittels gegen die Pollinosis. Diese Arznei wird subkutan gespritzt oder kann auch – vor allem bei Kindern – inhaliert werden. Die Applikation wirkt sofort symptomlindernd und kann bei kurmäßigem Gebrauch die Erkrankung heilen oder wesentlich abschwächen. Die Anwendung dieses Arzneimittels kann an einem Thementag erlernt werden und sofort als therapeutisches Tool übernommen werden.

Dieses Heilmittel für die Pollinosis zählt zu den Typischen Heilmitteln der Anthroposophischen Medizin. Typische Heilmittel für typische Erkrankungen sind eine besondere Spezialität der Anthroposophischen Medizin: einfach anzuwenden, sicher und effektiv.